Bei einem Kurzurlaub in Manchester bin ich vor einigen Tagen auf ein spannendes Projekt gestoßen: Unter dem Motto „And Breathe…“ lädt das städtische Kunstmuseum dazu ein, verschiedene Gemälde ganz bewusst und mit viel Zeit auf sich wirken zu lassen und dabei den Zusammenhang zwischen Kunst und Achtsamkeit zu erforschen. In bequemen Ohrensesseln sitzend, haben die Besucherinnen und Besucher so Gelegenheit, die Kunstwerke in einer Tiefe zu erfahren, wie dies bei einem regulären Museumsbesuch kaum möglich ist. Begleitet wird die Ausstellung von kurzen angeleiteten Meditationen, passend zum jeweiligen Bild.
Meditieren im Museum
Wohlbefinden wird verbessert
„Es ist belegt, dass sich unser mentales Wohlbefinden verbessern kann, wenn wir uns Zeit lassen, Erfahrungen wie das Betrachten von Kunst, zu genießen“, schreibt die Manchester Art Gallery auf ihrer Webseite. Und tatsächlich: nach ausgiebiger „Sehmeditation“ vor den sehr unterschiedlichen Gemälden fühlte ich mich so wohlig und fröhlich wie nach einem ausgiebigen Bad. Unbedingt zu empfehlen – und kostenlos noch dazu! Vielleicht eine Anregung für hiesige Museen und Galerien?
Die Kunst des Entschleunigens – wenn auch ohne Kunstwerke – wird ausgiebig in meinen nächsten MBSR-Kursen geübt, die demnächst in Mühltal und Darmstadt starten. Anmeldungen sind noch möglich. Vielleicht sehen wir uns?
Auch wenn bei diesen sommerlichen Temperaturen die meisten
Menschen bei dem Wort „Stressbewältigung“ vermutlich eher an Badesee
und Biergarten denken – der nächste Herbst kommt bestimmt und dann starten auch
wieder meine nächsten beiden MBSR-Kurse.
Ist zwar noch ein Weilchen hin, aber es kann ja nicht schaden, schon mal
die Tage im Kalender zu markieren. Anmeldungen
sind für beide Kurse jetzt schon möglich.
MBSR-8-Wochen Kurs in
Darmstadt
Dies ist das Originalformat nach Jon Kabat-Zinn, einen
kostenlosen Einführungsabend gibt’s am 24. September (dafür bitte direkt bei
mir anmelden: post@karunahess.de). Der
Kurs startet am 29. Oktober und läuft jeweils dienstags an 8 Abenden ab 18 Uhr
am Alice-Hospital. Mehr Details sind hier zu finden.
(Die Daten stimmen, Titel und Text sind noch vom letzten – verkürzten –
Kurs und müssen noch aktualisiert werden, was ich leider nicht selbst
übernehmen kann).
MBSR-Kompaktkurs in
Mühltal-Trautheim
Dieser Kurs in den schönen Räumen im Elfengrund Eins hat die gleichen Inhalte wie das klassische 8-Wochen-Format, findet aber komprimiert an 5 Sonntagen statt. Jeder Sonntag umfasst 2 Kursmodule, zwischen den Terminen liegen jeweils 14 Tage, so dass genügend Zeit bleibt, die Übungen zu vertiefen und das Gelernte in den Alltag zu integrieren. Die Einführung (auch hier gebührenfrei) ist am 22. September um 10.30 h, der Kurs beginnt am 27. Oktober. Anmeldungen laufen ausschließlich über die VHS Darmstadt-Dieburg
Zugegeben, ein wenig neidisch bin ich schon, dass ich nicht in Wiesbaden wohne. Denn in der hessischen Landeshauptstadt läuft noch bis zum 8. Mai die Aktionswoche „Wiesbaden hält inne“.
Wiesbaden hält inne
Ausstellungen, Lesungen, ein „Entschleunigungsteppich“ in der Fußgängerzone und Oasen der Ruhe an verschiedenen Orten in der Innenstadt laden dazu ein, mitten im Alltag einen Moment innezuhalten, die Pausetaste zu drücken und das Gedankenkarussell wenigstens zeitweise zum Stillstand zu bringen. Und auf dem Schlossplatz inspiriert ein Blauer Pavillon dazu, einfach mal gar nichts zu tun und stattdessen die Stille zu genießen.
Der „Blaue Pavillon“ auf dem Schloßplatz in Wiesbaden.
Eine großartige Aktion, die hoffentlich auch andere Großstädte
zum Nachmachen animiert. Ein bisschen
mehr Ruhe tut schließlich nicht nur Wiesbaden gut.
Seit vielen Jahren übe ich die Gehmeditation. Ich mag sie unter anderem, weil sie eine perfekte Möglichkeit bietet, mehr Achtsamkeit in den Alltag zu bringen. Dass mich dabei eine komplett in Schwarz gekleidete junge Frau an an der Hand nimmt und mich bei den ersten Schritten in Zeitlupentempo begleitet, ist allerdings neu für mich. Ebenso der Ort des Geschehens: der Große Saal der Alten Oper Frankfurt. Das entschleunigte Gehen ist Teil der Vorbereitung auf ein ungewöhnliches Konzert: „Anders hören – die Abramović-Methode für Musik“. Als ich im Oktober 2018 erstmals von dem Projekt der für ihre extremen Performances bekannten Künstlerin Marina Abramović hörte, stand für mich sofort fest: Da muss ich hin! Ein außergewöhnliches (und außergewöhnlich langes) Klassik-Konzert, das ungefilterte, neue Hörerfahrungen ermöglichen soll. Fokussiert und konzentriert auf den Augenblick, ohne Ablenkung durch Blicke auf die Uhr oder das Checken der jüngsten WhatsApp-Nachricht auf dem Smartphone. Wer an dem Projekt teilnehmen möchte, muss alles, was im Außen ablenken könnte, an der Garderobe lassen. Da kennt die Künstlerin kein Pardon.
Das Konzert war ein herausforderndes Experiment für einige Teilnehmer.
Mit der Methode vertraut machen
Aber zunächst sollen Körper und Geist in jeweils zwei dreistündigen Trainingsmodulen mit der „Abramović-Methode“ vertraut gemacht werden. Meditatives Gehen, mit geschlossenen Augen auf einem Podest stehen, den Blick längere Zeit auf einer farbigen Fläche ruhen lassen, Reiskörner zählen oder einem gegenüber sitzenden Menschen längere Zeit in die Augen schauen. Was und wie lange wir üben, dürfen wir uns aussuchen, nur Reden ist verboten. Nach mehreren Stunden in schummrigem Licht mit zu fest sitzenden Kopfhörern, die das Erleben von Stille verstärken sollen, bin ich ziemlich froh, vor die Tür zu kommen und die milde Frühlingssonne zu genießen.
Am Sonntag wird es dann ernst. Armbanduhr und Smartphone wandern wieder in den Rucksack, bevor sich die Türen zum Großen Saal öffnen. Keine Bühne, nur ein großer Flügel (an dem sich später der türkische Pianist Fazil Say in einem kurzen Auftritt verausgaben wird) inmitten des Raums, und neben den Stuhlreihen eine Menge Kissen auf dem Boden. Denn bei diesem Konzert ist Hinlegen und Herumlaufen ausdrücklich erlaubt. Die Musiker/innen spielen mal unten im Saal, mal auf der Empore inmitten des Publikums, im Sitzen, im Stehen, zeitweise auch im Gehen. Zu hören sind unter anderem Akkordeon, Flöte, Geige, Gitarre, Sitar und Orgel, mal melodisch, mal dissonant – vor allem aber bleibt Zeit und Raum, um sich ganz auf den Klang der einzelnen Instrumente einzulassen, die einander abwechseln und nie gleichzeitig ertönen.
Eine wohlige Zufriedenheit im Bauch
Die Erfahrung dieses ungewöhnlichen Konzerts zu beschreiben,
fällt schwer. Vielleicht hilft ein Vergleich: Es fühlt sich an, als würde man
anstelle eines überwürzten Gerichts zum ersten Mal seit langem wieder den feinen,
unverfälschten Eigengeschmack einer
einzelnen Gemüsesorte kosten und dabei eine wohlige Zufriedenheit im Bauch verspüren.
Schade nur, dass dieses Experiment trotz Vorbereitung für
einen Teil des Publikums offenbar zu herausfordernd ist, denn nach und nach
lichten sich die Reihen deutlich. Sie
habe den Konzertabend als große Überforderung erlebt, berichtet eine
Musikkritikerin am Tag darauf im Deutschlandfunk, die ein fehlendes
musikalisches Konzept vermisst hat. Aus Sicht der Musikkritik kann man es so
sehen, sicher. Wer jedoch etwas in Achtsamkeit geübt ist und Abramović´s
Einladung folgen konnte, ganz ohne Konzepte im Hier und Jetzt zu sein, vollkommen
einzutauchen in eine pure Hörerfahrung, konnte an diesem Sonntag in der Alten
Oper zutiefst berührende Momente und einige Überraschungen erleben. Zum Beispiel, wie kurz sich fünf Stunden
anfühlen können, wenn wir wirklich präsent sind.
Wer braucht schon eine Achtsamkeits-App? Mich erinnert mein Frühstücksbrettchen an die essentiellen Dinge im Leben 🙂
Atem spielt eine zentrale Rolle
Der Atem spielt aus unterschiedlichen Gründen eine zentrale Rolle in der Achtsamkeitspraxis. Auch beim Schnupperkurs „Achtsamkeit und Meditation zum Kennenlernen“ nächsten Samstag bei der VHS in Dieburg werden wir damit üben. Der Schnupperkurs ist leider schon ausgebucht, aber neue Termine sind in Planung. Plätze gibt es noch für meinen nächsten 8-Wochen-Achtsamkeitskurs ab Anfang Mai im Alice-Hospital in Darmstadt. Der Einführungsabend findet am Freitag, dem 22. März von 19 bis 20.30 Uhr statt. Anmelden könnt ihr euch direkt beim Alice-Hospital: https://www.alice-hospital.de/veranstaltungen/kurse-und-seminare/achtsamkeitstraining/
Mein erster Blogeintrag :-). Ich bin noch immer ganz beseelt vom gerade zu Ende gegangenen Workshop zum Thema „Interpersonal Mindfulness“ (Achtsamkeit in der zwischenmenschlichen Begegnung) mit Florence Meleo-Meyer im Europäischen Zentrum für Achtsamkeit in Freiburg.
Drei Tage intensiver Austausch
Drei Tage intensiver Austausch und intensives Üben mit einem Gegenüber. Nicht immer einfach, manchmal ganz schön aufwühlend und sehr berührend! Florence ist wohl eine der erfahrensten MBSR-Lehrenden und AusbilderInnen weltweit. Ihre stille Präsenz, ihre durch und durch wohlwollende und freundliche Haltung, aber auch ihr großartiger Humor haben diesen Workshop zu etwas ganz Besonderem gemacht. Und immer wieder tauchte in ihren Erzählungen ein kleiner Junge mit einem Cowboyhut auf – sinnbildlich dafür, wie sehr Kinder im gegenwärtigen Moment leben, wie intensiv sie eintauchen in das Erleben dessen, was gerade da ist, wie sehr sie sich freuen können über vermeintliche Kleinigkeiten.
Meine Lieblingsgeschichte an diesem Wochenende: ein grauer, trüber Herbsttag in einem Supermarkt in Massachusetts. Plötzlich reißt die Wolkendecke auf, Sonnenlicht scheint durch die Decke des Ladens und zeichnet einen breiten, goldenen Strahl auf dem Fußboden. In diesem Moment stürmt ein kleiner Junge, der mit seiner Mutter beim Einkaufen ist, los und wirft sich voller Begeisterung auf den Boden, mitten hinein in die Sonnenstrahlen.
Übung in Achtsamkeit
Ein solcher Moment kann den ganzen Tag versüßen – wenn wir
ihn bemerken. Auch das ist eine wichtige Übung in der Achtsamkeitspraxis. Die
vielen kleinen und flüchtigen Glücksmomente bewusst wahrzunehmen, die jeder Tag
in Hülle und Fülle für uns bereit hält. Das strengt nicht an, kostet nichts und
macht unendlich reich. Thanks Florence, for reminding us!